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letzte Aktualisierung 1. Oktober 2012

 

 

Reiseimpressionen von Edith & Uli

Marokko / Westsahara 2008 - 2009

 

 

 

 

 

 

Teil 13 - Resümee unserer Reise

Das Reisen mit dem Wohn-Truck ist nun wirklich nicht die luxuriöseste Art der Fortbewebung. Der wahre Luxus unserer Reise lag vielmehr in der zur Verfügung stehenden Zeit. Wir traten sie im Bewusstsein an, dass sie wohl mehr oder weniger 4 Monate dauern sollte. Dass es dann acht Monate wurden, ist dem Luxus zu verdanken, dass wir keinerlei Verpflichtungen zu erfüllen hatten und dementsprechend „FREI“ waren.

Diese Freiheit haben wir uns dadurch erkaufen müssen, dass wir alle Zelte hinter uns abgebrochen hatten, soll heißen: Wohnung gekündigt, Job aufgegeben, Versicherungen und sonstige Fixkosten auf Sparflamme reduziert.

Das bringt die unluxuriöse Begleiterscheinung mit sich, dass man gegen Ende der Reise nicht wirklich weiß, was einen erwartet. Eine Erfahrung, die durchaus auch ihre lehrreichen Seiten hatte. Denn wenn es kein „Zuhause“ gibt, wohin man heimkehren kann, dann ist das schon ein bisschen anders, als wenn man weiß, dass Wohnung, Job usw. auf die Heimkehrer warten.

Wir fanden zunächst „Zuflucht“ auf der Obstwiese unserer Freunde Danja und Christian Kulterer in Südkärnten und konnten dort das Büro mit benutzen, so dass wir von da aus unseren Neustart in Kärnten in Angriff nehmen konnten. Dafür noch mal ein herzliches Dankeschön an die beiden! So wohnten wir nach der Reise noch gute 5 Monate im Sternchen, bis uns die sich rapide absenkenden Temperaturen aus dem Wohnmobil trieben.

Trotz dieser Unsicherheit haben wir unsere erste Langzeitreise in vollen Zügen genossen und hätten sie bei entsprechender finanzieller Ausstattung durchaus noch weiter ausdehnen können.

Reisedauer: 229 Tage oder 7 Monate und 18 Tage

Gefahrene Strecke: 24.711 km

Verbrauchter Sprit: 5889 Liter

Durchschnittsverbrauch: 23,8 Liter/100 km

Ölverbrauch: < 1 ltr. /1000 km

 

Defekte:

  • Wechselrichter abgebrannt (während der Fahrt im ausgeschalteten Zustand)

  • Reifenplatten: 6 (wegen nicht vorhandener Felgenbänder – Schläuche auf Felge durchgescheuert). Reifenwechsel in Marokko jeweils ca. 5 bis 10 Euro

  • 2 x Auspuff gebrochen und 2 Auspuff-Halterungen. Schweißen in Marokko 5 bis 10 Euro

  • Kupplungsgeber-Zylinder undicht. In Spanien gekauft für ca. 100 Euro, in Portugal selbst eingebaut

  • Standgaszug in Portugal gerissen. Reparatur improvisiert und zuhause den Zug erneuert

Service:

  • Ölwechsel in Algeciras in Spanien

  • Kraftstofffilter in Portugal gewechselt

Die Erfahrung eines nicht vorhandenen (oder zumindest am Anfang nicht spürbaren) Zeitlimits wirkt sich sehr heilsam auf die Psyche und die Reisegeschwindigkeit aus. Plätze und Ziele, die man während einer Reise zwar für schön erachtet, die aber nicht in der Planung sind und für die man sich deshalb auch keine Zeit nimmt – oder denen man keine Zeit gönnt – kann man auf einer solch offenen Reise ganz anders genießen. Man bleibt einfach so lange, wie man bleiben möchte und wenn es dann langweilig wird, dann fährt man eben weiter.

Hätten wir im Vorhinein gewusst, dass wir 8 Monate unterwegs sein werden, dann hätten wir sicherlich andere, fernere Ziele angepeilt und uns damit wieder mehr unter Druck gesetzt. Die zusätzliche Zeit, die wir uns „schenkten“, hatte den schönen Nebeneffekt, dass wir völlig entspannt in den Tag hinein lebten und nur vage Pläne schmiedeten, was das nächste Ziel sein sollte.

Warum ausgerechnet nach Marokko?

Marokko bietet nicht viel Luxus – außer einem: Platz! Platz und Gegend, viel Gegend und viel Gegend, die noch nicht mit Asphaltbändern erschlossen ist. Denn wo soll man bitteschön hinfahren, wenn man ein hochgradig geländegängiges Wohnmobil hat und dieses auch artgerecht bewegen will. Außerdem sind wir im November losgefahren und da gibt es eigentlich nur eine Richtung, in die man fahren kann: nach Süden.

Den Reiz und die Faszination Marokkos habe ich aber schon bei meiner ersten Reise in das Land im Jahr 2005 kennen gelernt. Und da vielleicht noch drastischer, weil es eine Flugreise war. Vor den Toren Europas gelegen ist das Land so anders- und fremdartig, wie man es sonst nur erlebt, wenn man sich wesentlich weiter von Europa weg bewegt. Diese Andersartigkeit ist es, die aus eine Reise ein echtes Erlebnis macht. Denn während ich nach 6-10 Flugstunden nach Westen in den USA lande und dort nichts wesentlich anderes erlebe als in Europa, ist der Trip nach Marokko wie ein Eintauchen in eine andere Welt oder wie in die Vergangenheit.

Fährt man in die Wüste – was wir reichlich gemacht haben – und bekommt dort live mit, wie die Beduinen und Nomaden dort leben, dann ist das eine „mindblowing“ Erfahrung, weil es wie eine Zeitreise in ein vergangenes Jahrtausend ist. Die Menschen leben dort in Zelten ohne Strom und fließendem Wasser, züchten Vieh, bestellen Felder mit Ochsen und Holzpflug und führen ein archaisches Leben, wie wir es nur aus dem Fernsehen kennen. Und das alles gerade mal 500 oder 1.000 km von modernen europäischen Städten wie Granada oder Algeciras entfernt.

nd schließlich sind es die klimatischen Bedingungen, die einen fast schon dazu zwingen, sich in den Süden Marokkos zu bewegen, wenn man es auch im Winter noch halbwegs warm (20 Grad) haben will. In manchen Diskussionen mit Travellern – insbesondere denen in Dakhla – haben wir die Möglichkeiten des warmen Überwinterns ausgelotet und sind dabei zu der Erkenntnis gelangt, dass es zu Marokko bzw. zur Westsahara wenig Alternativen gibt. Der Wendekreis des Krebses, der ca. 30 km südlich von Dakhla verläuft, ist die imaginäre Grenzlinie, der man sich zumindest so weit wie möglich annähern sollte, wenn man Weihnachten barfuß unterwegs sein möchte.

 

So ist es die Mischung aus reichlich Platz verbunden mit der Möglichkeit, mit seinem Gefährt abseits asphaltierter Straßen unterwegs sein zu können, aber auch die Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit der Bevölkerung und das relativ stabile Wetter, was Marokko zu einem hervorragenden Land für Offroad-Traveller, aber auch für alle anderen Reisenden macht.

Allerdings sei in bezug auf die Menschen hier noch einschränkend angemerkt, dass es von Vorteil ist, ein etwas dickeres Fell an den Tag zu legen. So ging die Bettelei der Kinder vor allem Edith auf den Geist, während ich damit relativ locker umgehen konnte. Das ewige Geschrei nach Stilos (Kugelschreibern), Bonbons oder gar Geld ist aber tatsächlich nervig. Und wenn man dann auf einer Piste fährt, auf der man die Kids schon auf Kilometer am Straßenrand stehen sieht, dann kommt sich schon ein bisschen schäbig vor, wenn man einfach genauso freundlich winkend an denen vorbeifährt fährt. Noch schäbiger wäre es allerdings, den ersten etwas zu geben und bei den folgenden eben nicht. Also entweder allen geben oder keinem und allen ist häufig nicht möglich, weil man so viele Kugelschreiber und Bonbons gar nicht dabei haben kann. Außerdem wäre wir dann immer noch nicht zuhause ...

Nervig ist aber auch, dass die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen (fast) nie ohne Hintergedanken erfolgt. Jeder, der Dir freundlich den Weg zeigt, zeigt ihn Dir vor allem deshalb, weil er Dich noch schnell in das Teppichgeschäft seines Schwagers schleusen möchte. Auch die vielen Einladungen zum Tee kommen selten ohne den (legitimen) Hintergedanken eines Geschäfts zustande. Legitim deshalb, weil die Leute tatsächlich häufig nicht viel haben und in uns Reisenden, insbesondere wenn wir mit aufgestrapsten Wohnmobilen unterwegs sind, als FETTE Beute identifizieren.

Es ist legitim und in Ordnung, dass die Leute mit uns Reisenden Geschäfte machen wollen, und es ist am Anfang auch noch recht nett und lustig und für die Dauer eines normalen 2-3 Wochen Urlaubs durchaus zu verkraften. Auf die Dauer kann einem dieses Verhalten aber schon auf den Wecker gehen und einem – je nach Dicke des Fells – die Tour vermiesen. Mir hat das wie gesagt nicht so viel ausgemacht und ich habe häufig mit den Leuten einen „Schmäh“ gemacht, so dass sie am Ende lachend davon gelaufen sind.

So ist auch in Marokko nicht alles Gold was glänzt, aber wenn man darauf vorbereitet ist, sich auf die Menschen einlässt und ihnen mit ihrem eigenen Verhalten begegnet, dann bricht schnell der Bann zwischen den Kulturen. Außerdem haben uns erfahrene Marokko-Reisende berichtet, dass die Bettelei der Kinder und Erwachsenen schon deutlich zurück gegangen ist.

Wichtig ist, dass man NIEMALS Kindern Geld gibt. Denn bettelnde Kinder bringen insbesondere in Touristengegenden häufig mehr Geld mit nach Hause, als der Vater durch seine Arbeit. Das stellt das gesamte Familiengefüge auf den Kopf und der Haushaltsvorstand verliert völlig das Ansehen vor seiner Frau und den Kindern. Generell sollte man bettelnden Kindern gar nichts geben oder nur in Verbindung mit einer Gegenleistung. Denn es wird immer Menschen geben, die reicher sind als sie und das darf nie die Legitimation zum Betteln sein. Dann sollte man lieber die unterstützen, die etwas verkaufen, auch wenn man die Brocken vielleicht gar nicht brauchen kann oder mag.

So haben auch wir durchaus gegensätzliche Erfahrungen in Marokko gemacht und wollen allen Marokko-Interessierten diese Erfahrungen nicht vorenthalten. Aber alles in allem sind es wundervolle, herzliche Menschen, in deren Gegenwart man sich – vielleicht abgesehen von den Großstädten – selten unwohl oder gar bedroht fühlt. In Dakhla lag wochenlang mein Surfequipment unter dem Auto und es kam nie etwas weg. In Südfrankreich oder Spanien musst Du hingegen froh sein, wenn Dir Dein Geraffel nicht geklaut wird, während Du damit surfst. 

Auf die häufig gestellte Frage, ob Marokko gefährlich sei, antwortet ich immer standardmäßig: „Nein, nur die Fahrt dahin durch Südfrankreich und Spanien!“. Aber selbst die kann man umgehen, wenn man sich in Genua auf die Fähre stellt und in Tanger wieder aussteigt.

So war unsere Marokko-Erfahrung so, dass ich es kaum erwarten kann, das Land erneut zu bereisen. Dann möchte ich aber auch noch weiter nach Mauretanien, Mali, Burkina Faso und den Senegal, nach Gambia und vielleicht auch noch weiter. Denn der afrikanische Kontinent übt eine geradezu magische Anziehungskraft auf mich aus. Die Weite, die Natur, die Tiere, die Ursprünglichkeit, die Erdverbundenheit der Menschen und ihre Herzlichkeit überwiegen bei mir über die Angst vor Überfällen, Korruption, Gängeleien durch die Behörden oder anderem drohenden Ungemach.

Edith sieht das leider noch nicht ganz so – aber wir arbeiten daran ;-)

Auf jeden Fall ist Marokko immer eine Reise wert und für mich eines der landschaftlich abwechslungsreichsten Länder, die ich bislang bereist habe – und das waren schon einige.

Wir möchten Euch mit diesen abschließenden Worten offen und ehrlich ein Gefühl für dieses Land vermitteln und Euch an unserer Begeisterung teilhaben lassen ohne Euch die negativen Seiten des Landes – und die gibt es in jedem Land – zu verschweigen.

In diesem Sinne wünschen wir Euch frohes Reisen und hoffen, dass wir Euch reichlich Appetit darauf gemacht haben.

Edith &

        Uli &

            Sternchen

Teil 01 - Abreise mit Hindernissen
Teil 02 - Afrika, wir kommen
Teil 03 - Die Pisten vom Plage Blanche und der Weg nach Dakhla
Teil 04 - Überwintern im Surferparadies
Teil 05 - Die Dünen von Laayoune und auf der Piste zum Erg Chebbi
Teil 06 - Wüste, Schluchten und Visaprobleme
Teil 07 - Die Nebel von Okaimeden und Fatimah´s Kaninchenzucht
Teil 08 - Endstation im Schnee des Hohen Atlas
Teil 09 - Erst mal Urlaub machen von der Reise in Andalusien
Teil 10 - Portugal, ein Paradies für Wildcamper

Teil 11 - Pilgern in Santiago und Lourdes, Pisten in Beauduc
Teil 12 - Wiedersehen mit Freunden und das große Fressen
Teil 13 - Resümee unserer Reise

 

 

 

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